Kleine Anfrage:Sondervermögen und Masterplan Digitalisierung: Drohen Verzögerungen und Chaos bei der Breitbandförderung und elektronischen Verwaltung?

Laut dem Gesetzentwurf über das „Sondervermögen zur Finanzierung des Ausbaus von Gigabit-netzen und der Beschleunigung von Digitalisierungsmaßnahmen“ und zur Änderung des Gesetzes über das „Sondervermögen zur Nachholung von Investitionen bei den Hochschulen in staatlicher Verantwortung“ soll im Haushaltsjahr 2018 ein Sondervermögen in Höhe von 500 Millionen Euro für die Digitalisierung zur Verfügung gestellt werden (Drucksache 18/772). Finanziert werden sollen damit a) der Breitbandausbau, b) die Digitalisierung in der Landesverwaltung bzw. der niedersäch-sischen Justiz und c) Digitalisierungsmaßnahmen außerhalb der Landesverwaltung. Laut Gesetz sollen bis spätestens 2025 alle Haushalte in Niedersachsen mit mehr als einem Gigabit pro Sekun-de ans Netz angeschlossen sein. Artikel 87 f des Grundgesetz enthält folgende Regelung: „(1) Nach Maßgabe eines Bundesgesetzes, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, gewährleis-tet der Bund im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation flächendeckend angemesse-ne und ausreichende Dienstleistungen. (2) Dienstleistungen im Sinne des Absatzes 1 werden als privatwirtschaftliche Tätigkeiten durch die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervor-gegangenen Unternehmen und durch andere private Anbieter erbracht.“

Nähere Ausführungen hat der Bundesgesetzgeber u. a. in § 1 des Telekommunikationsgesetzes gemacht. Dort heißt es: „Zweck dieses Gesetzes ist es, durch technologieneutrale Regulierung den Wettbewerb im Bereich der Telekommunikation und leistungsfähige Telekommunikationsinfrastruk-turen zu fördern und flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen zu gewähr-leisten.“ In § 2 heißt es u. a. „(1) Die Regulierung der Telekommunikation ist eine hoheitliche Auf-gabe des Bundes. (2) Ziele der Regulierung sind: (...) 4. die Sicherstellung einer flächendeckenden gleichartigen Grundversorgung in städtischen und ländlichen Räumen mit Telekommunikations-diensten (Universaldienstleistungen) zu erschwinglichen Preisen, 5. die Beschleunigung des Aus-baus von hochleistungsfähigen öffentlichen Telekommunikationsnetzen der nächsten Generation“.

Zum Umfang der Universaldienstleistungen sind Regelungen in § 78 des Telekommunikationsge-setzes vorgenommen worden.

Gleichzeitig hat Niedersachsen, wie alle anderen Bundesländer auch, bis zum Jahr 2026 verbind-lich dafür zu sorgen, dass alle neuen Akten in den Landes- und Kommunalbehörden elektronisch geführt werden. Diese umfassende Digitalisierung der Landesverwaltung hat das Land bis Ende 2022 sicherzustellen. So sieht es das Bundesgesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Ver-waltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz - OZG) vor. Für die Einführung der E-Akte und für 69 zusätzliche Stellen benötigt der Innenminister laut Eckwertebeschluss für 2019 103 Millionen Euro, 2 für 2020 145 Millionen Euro, für 2021 123 Millionen Euro und für 2022 115 Millionen Euro, also insgesamt 486 Millionen Euro. Das Justizministerium hat weitere 38 Millionen Euro Mehrbedarf für IT angemeldet.

Offen bleibt, ob das Land trotz Bundeszuständigkeit eine neue Dauerförderung etablieren will oder ob es sich quasi um eine Ersatzvornahme für den Bund handelt. Offen bleibt auch, welche Mittel die Landesregierung im regulären Haushalt einplanen will und welcher Bedarf neben der Einfüh-rung der E-Akte für andere Maßnahmen (z. B. Datenschutz, Digitalisierung von Schulen und Hoch-schulen, Handlungskonzepte für Veränderungen in Wirtschaft, auf dem Arbeitsmarkt und bei den Sozialsicherungssystemen etc.) eingeplant wird. Zudem hat der Finanzminister angekündigt, dass in den kommenden Jahren mehr als 1 Milliarde Euro im Landeshaushalt fehlen könnte (RND 27.03.2018). Die finanziellen Spielräume seien begrenzt, vorerst stünden „keine Mittel für zusätzli-che Maßnahmen, Programme oder Personal zur Verfügung“. Gleichzeitig warten die Kommunen auf eine Antwort, wie die Fördergelder für den Breitbandausbau im ländlichen Raum verwendet werden sollen. Laut Pressemitteilung der CDU Holzminden über eine Veranstaltung mit Staatssek-retär Muhle in Stadtoldendorf sei für das geplante Förderprogramm „aber eine EU-Notifizierung er-forderlich. Einfach etwas auf die bestehenden Programme draufzusatteln, würde wenig bringen“. (Online-Nachrichten-Portal Weser-Ith-News vom 12.04.2018).

Bislang wird die Förderung des Breitbandausbaus in den Kommunen über die dem Landwirt-schaftsministerium unterstehenden Ämter für regionale Landesentwicklung sowie die zweite Säule des EU-Agrarfördertopfes (ELER) abgewickelt und finanziert. Die EU verlangt jedoch für ein För-derprogramm aus dem ELER eine einheitliche Zuständigkeit in nur einem Ministerium.

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