Corona-Hilfen für die Wirtschaft stocken noch immer:Schulz-Hendel: Immer mehr Hilferufe aus der Wirtschaft – Land muss dringend reagieren

Darum geht’s
Immer mehr Unternehmen in Niedersachsen steht das Wasser bis zum Hals. Die Hilfen von Bund und Land kommen oft viel zu spät oder bisher gar nicht an. Bundeswirtschaftsminister Altmaier, aber auch sein niedersächsischer Amtskollege Althusmann haben die November- und Dezemberhilfen nicht ordentlich vorbereitet. Hinzu kommt ein monatelanger Auszahlungsstopp beim Landesprogramm „Neustart Niedersachsen“. Die wachsende Zahl der Hilferufe von Unternehmer*innen und den Verbänden belegen den akuten Handlungsbedarf. Die Grünen im Landtag fordern die Landesregierung auf, schnell aktiv zu werden: Mit Überbrückungshilfen und einem Härtefallfonds nach dem Vorbild anderer Bundesländer. Nach den nicht zufriedenstellenden Antworten von Wirtschaftsminister Althusmann vor einer Woche im Landtag haben die Grünen deshalb zwei weitere umfassende Anfragen an die Regierung zum Ausbleiben der Corona-Hilfen für die Wirtschaft gestellt.

Das sagen die Grünen

Detlev Schulz-Hendel, wirtschaftspolitischer Sprecher:
Mich erreichen fast täglich Hilferufe von Unternehmerinnen und Unternehmen, die um ihre Existenz bangen. Die vollmundig versprochenen Corona-Hilfen von Bund und Land helfen leider nicht, wenn sie nicht ankommen. Mehrere Unternehmen haben mir mitgeteilt, dass immer noch kein Geld der Dezemberhilfe erhalten haben. Ein innovativer Gastronomiebetrieb muss irgendwann feststellen, dass er von vornherein durchs Förderraster fällt, ein kleiner Reiseveranstalter kann sich Hoffnungen machen, hat aber noch keinen Cent gesehen. Die Liste ließe sich beliebig lang fortsetzen. So ruiniert man sehenden Auges vor allem die kleinen und mittleren Betriebe. Für diese kommt dann auch jede mögliche Öffnungsperspektive zu spät. Hier sind der Wirtschaftsminister und auch der Ministerpräsident gefordert. Wirtschaft ist in Regierungen eigentlich Chefsache!
Die Antworten von Minister Althusmann vor einer Woche in der Fragestunde des Landtags waren sehr lückenhaft. Damit kann die Regierung nicht durchkommen. Wir haken deshalb nach zum Auszahlungsmanagement und zu den Perspektiven für diejenigen, die trotz Existenzsorgen bisher keinen Zahlungseingang auf ihrem Konto haben. Außerdem ist bisher unbekannt, wie sich die ausgezahlten Hilfszahlungen nach Landkreisen unterscheiden. Auch zum fast gescheiterten Landesprogramm Neustart Niedersachsen fließen die Infos nur spärlich. Unklar ist beispielsweise welche Arten von Investitionen gefördert werden, was mit den rund 2.600 Unternehmen wird, die umsonst eine Förderung beantragt haben und warum im Programm Neustart Niedersachsen Unternehmen der Automobilindustrie besonders gefördert werden.
Wir brauchen jetzt einen zupackenden Wirtschaftsminister, der schnell Überbrückungskredite für die Unternehmen realisiert, bis die eigentlichen Hilfszahlungen bei Ihnen ankommen, Mecklenburg-Vorpommern macht uns vor. Für die Unternehmen, die trotz des Bedarfs durch die bisherigen Hilfsprogramme fallen braucht es einen Härtefallfonds. Hier darf der Wirtschaftsminister nicht passiv auf Berlin warten, sondern muss vorangehen. Und bei all den akuten Problemen darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Wirtschaftshilfen kein Strohfeuer sein dürfen. Corona-Pandemie und Klimakrise müssen gleichzeitig bekämpft werden, klimaschädliche Konjunkturhilfen sollten sich von selbst verbieten.

Hintergrund

Die Hilferufe aus der Wirtschaft kommen aus allen Branchen. Ein Gastronomiebetrieb, mit einem wirklich innovativen Konzept, hat um Hilfe gebeten, da sie im Oktober den Betriebszweck von Reisegastronomie auf stationäre Gastronomie gewechselt haben. Dadurch fallen sie durchs Raster der Hilfsleistungen, mit der Folge, dass Menschen anfangen Spenden für diesen Betrieb zu sammeln. Ein weiterer Betrieb hat 18.000 Euro aus dem Programm Neustart Niedersachsen bewilligt bekommen, aufgrund der Überzeichnung und dem Auszahlungsstopp ist auch hier bisher nicht einen Cent angekommen. Hier wurden Investitionen verhindert, aus dem Neustart drohte ein Fehlstart zu werden. Erst durch öffentlichen und internen Druck konnten sich Finanzminister Hilbers und Wirtschaftsminister Althusmann (beide CDU) nach monatelanger Hängepartie auf eine Aufstockung des Programms von 350 Millionen Euro einigen. Fast 150 Millionen Euro muss das Wirtschaftsministerium dafür aus dem eigenen Etat umschichten. Das geht zulasten anderer Hilfsprogramme, beispielsweise für kleine Reiseveranstalter wie Kohlenberg, die bisher keine Hilfen erhalten haben. Und das obwohl Reiseveranstalter erhebliche Einnahmeeinbußen erleiden mussten und müssen. Die gucken jetzt in die Röhre.

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