Detlev Schulz-Hendel: Rede zur Akt. Stunde (CDU) zu illegale Migration und Rechtspopulisten stoppen
TOP 2b – Aktuelle Stunde CDU – Migrations- und Sicherheitspolitik
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleg*innen,
Eine schreckliche Gewalttat hat am vergangenen Mittwoch nicht nur Aschaffenburg, sondern uns alle tief erschüttert: Ein brutaler Messerangriff, der offenbar gezielt auf eine Kindergruppe verübt wurde. Dabei starben ein zweijähriger Junge marokkanischer Abstammung sowie ein 41-jähriger Mann, der helfen wollte und seine Zivilcourage mit dem Leben bezahlte. Weitere Kinder und eine Erzieherin wurden verletzt.
Zweifelsohne – und da gibt es auch keine zwei Meinungen: Das ist eine abscheuliche und schreckliche Tat. Wir danken den Einsatzkräften und insbesondere auch der Polizei für das schnelle und resolute Eingreifen. Das verdient unser aller Respekt und Anerkennung. Und ich darf für meine Fraktion den Angehörigen in diesen grauenvollen Tagen unser tief empfundenes Mitgefühl aussprechen.
Diese schreckliche Tat muss aufgearbeitet werden und es müssen Konsequenzen gezogen werden.
Doch leider erleben wir nach dieser Tat, gerade seitens der Union, keine verantwortungsvolle, keine lösungsorientierte Debatte.
Diese schreckliche Straftat eines Geflüchteten darf doch nicht dazu führen, Geflüchtete pauschal unter Generalverdacht zu stellen.
Herr Lechner, was macht Ihr Bundesvorsitzender und Kanzlerkandidat, Friedrich Merz?
Er kommt mit einem 5-Punkte-Plan um die Ecke, auf den ich gleich noch eingehen werde, und stellt sich hin und reißt die demokratische Brandmauer gegen die Verfassungsfeinde der AFD ein und begründet das wie folgt, ich zitiere:
„Es wird nicht falsch, wenn die Falschen es für richtig halten.“
Herr Lechner, doch es ist nicht nur falsch, es ist brandgefährlich. Wollen sie als Union ernsthaft im Deutschen Bundestag Anträge gemeinsam mit denen beschließen, die den Nationalsozialismus für einen ‚Vogelschiss der Geschichte‘ halten?
Die erzählen, Hitler wäre Kommunist gewesen? Die auf ihren Wahlkampfveranstaltungen einen Multimilliardär Musk bejubeln, der ungeniert mit Hitlergrüßen auf sich aufmerksam macht? Der 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz vom Ende des vermeintlichen ‚Schuldkults‘ spricht?
Nein, Herr Lechner, das können Sie doch nicht ernsthaft wollen!
Wir alle im demokratischen Spektrum sollten die richtigen Schlüsse ziehen nach dieser abscheulichen Tat von Aschaffenburg und das kann nur mit einem Schulterschluss der demokratischen Kräfte erfolgen. Das gilt in Fragen der Sicherheit und das gilt im Vollzug der Ausweisung von gewalttätigen Straftäter*innen. Ich zitiere Robert Habeck: „Einigungsfähigkeit heißt nicht Kompromisslosigkeit“.
Das gilt dann auch für die Union und das ist etwas, was die Menschen zurecht erwarten können.
Solche Taten eignen sich nicht für populistische Forderungen. Schon gar nicht für solche, die offenkundig den europäischen Schengen-Regeln widersprechen! Wir erteilen einer Forderung nach neuen Binnengrenzen eine klare Absage.
Kritik an Ihrer Forderung, Landespolizei für Grenzkontrollen mit an die Grenze zu schicken, kommt hier in Niedersachsen auch von der Gewerkschaft der Polizei. Massive Grenzkontrollen wären auch Gift für unseren Wirtschaftsstandort Deutschland. Das kann kein ernst gemeinter Vorschlag einer Partei sein, die wirklich regieren will!
Und zum Plan eines faktischen Einreiseverbotes können wir festhalten: Asylsuchende können ohne eine Prüfung ihres Falles nicht einfach abgelehnt werden, weil die EU-Dublin-Regeln dagegen sprechen. Andere EU-Staaten kritisieren die Vorschläge der CDU bereits. Ich appelliere an Sie, liebe CDU: Besinnen Sie sich europapolitisch auf die Pfade von Helmut Kohl und Angela Merkel. Arbeiten Sie gemeinsam mit uns an gemeinsamen europäischen Lösungen.
Was wir brauchen, sind wirksame Lösungen mit Augenmaß und Besonnenheit. Dazu brauchen wir an erster Stelle eine Aufklärung der Hintergründe, zumal auch in diesem Fall ganz offensichtlich Vollzugsdefizite und Behördenfehler vorliegen. Das gilt es zügig aufzuklären.
Wir brauchen mehr Investitionen in die Sicherheit, in Personal und Technik, besonders im Bereich Prävention und Früherkennung von Radikalisierung.
Wir brauchen eine deutlich bessere Zusammenarbeit und mehr Austausch von Informationen zwischen Polizei und Behörden – auf allen Ebenen und länderübergreifend. Wie nötig die bessere Zusammenarbeit ist, haben auch andere Fälle schon gezeigt.
Für schwerste traumatisierte Menschen mit Wahnvorstellungen müssen wir Präventionsangebote verbessern. Wir brauchen mehr therapeutische und soziale Begleitung, um Menschen in Krisensituationen zu stabilisieren und mögliche Eskalationen zu verhindern.
Wir müssen die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Polizei, Sozialdiensten und Gesundheitsbehörden stärken. Gerade unsere Polizei wünscht sich mehr Unterstützung im Umgang mit psychisch Erkrankten. Auch das sind Maßnahmen, die unsere Sicherheit stärken.
Lassen Sie uns gemeinsam und verantwortungsbewusst Handeln. Und lassen wir es nicht zu, dass Feinde der Demokratie an Einfluss gewinnen. Vielen Dank!
Vielen Dank.