Kleine Anfrage:Südschnellweg: „Torpedieren“ die Verbreiterung des Südschnellwegs und der Eingriff in das Naherholungsgebiet Leinemasch die geplante Klimaneutralität der Landeshauptstatt Hannover im Jahr 2035?

Das Großbauprojekt Südschnellweg in Hannover zwischen Landwehrkreisel und Bahnunterführung nahe des Seelhorster Kreuzes umfasst eine Verbreiterung der Fahrbahn um fast das Doppelte auf dann 25,60 m und einen Tunnelbau. Die Kosten belaufen sich bislang auf 360 Millionen Euro. Seit vergangenem September liegt der Planfeststellungsbeschluss vor. Alle eingereichten Eilanträge gegen die Verbreiterung der Fahrbahn und die Rodung von 13 ha Grünfläche im Naherholungsgebiet Leinemasch sind vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg abgelehnt worden. Eine Klage des Landesverbands Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen e. V. (LBU) ist jedoch weiter anhängig. Wann hier eine Entscheidung ergehen wird, ist offen.

Seit Mai verlegen der örtliche Energieversorger und die Stadtentwässerung Leitungen. In Kürze starten die Vermessungsarbeiten und im Oktober wird damit gerechnet, dass die Fällungsarbeiten Hunderter Bäume südlich des Südschnellwegs beginnen. Die Arbeiten betreffen drei marode Brücken: Während für die Brücke über die Hildesheimer Straße ein Brückenprovisorium errichtet werden wird, sollen die Leine- und die Leineflutbrücke je zur Hälfte für die Verkehrsführung erhalten bleiben, während die andere Hälfte im Neubau entsteht. Danach wird der Verkehr auf den Neubau umgeleitet und die andere Hälfte der Brücke gebaut. Während dieser Zeit sollen dann jeweils auf den befahrbaren Brückenhälften zwei Fahrspuren und ein Standstreifen zur Verfügung gestellt werden (HAZ, 16.06.2022). Die Niedersächsische Behörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) führt die Arbeiten im Auftrag des Bundes durch und rechnet mit einer Dauer der Bauarbeiten bis mindestens 2029. Ziel der Verbreiterung der Fahrbahn sei es, für „flüssigen Verkehr“ zu sorgen, so die NLStBV. Planer rechnen mit einem Anstieg des Verkehrs von aktuell 45 000 Fahrzeugbewegungen pro Tag auf dann 55 000 Fahrzeugbewegungen. Gegen das Großprojekt, die Rodungsarbeiten im Naherholungsgebiet und die Beeinträchtigungen im Zuge der Bauarbeiten gibt es Widerstand. Mehr als 20 Bürgerinitiativen, Verbände und Organisationen kritisieren, dass der „beschlossene Ausbau des Südschnellwegs in Hannover (…) die Verkehrswende torpediert“ und Klimaziele zerstöre, so u. a. die Bürgerinitiative LeinemaschBLEIBT (Internetseite BI LeinemaschBLEIBT). Die Region und die Landeshauptstadt Hannover haben beschlossen, dass Hannover bis 2035 klimaneutral werden soll. Tatsächlich hat Hannover seine Ziele für 2020 verfehlt (HAZ, 14.06.2022): Eigentlich sollten die Treibhausgase um 40 % im Vergleich zu 1990 gesenkt werden, es waren aber nur 33 % (aktuelle Bilanz der Stadt Hannover). Die Bilanz ist vor allem auf den Verkehrssektor zurückzuführen - hier ist der CO2-Ausstoß sogar um 9 % gegenüber 1990 gestiegen. Dabei ist der Verkehr für ein Fünftel der Treibhausemissionen verantwortlich und hier zu 96 % der Autoverkehr. Die BI LeinemaschBLEIBT fordert vor diesem Hintergrund „einen Stopp der Ausbaupläne, bis alle Klimaziele konkret und verbindlich in die Vorgaben fürs Straßenbauen eingearbeitet sind und eine unabhängige Prüfung auf Klimaziele-Kompatibilität stattgefunden hat“. Erneut rufen die Gegner des Ausbaus des Südschnellwegs zu einer Demonstration am Sonntag, 19.06.2022, auf.

Oberbürgermeister Belit Onay (GRÜNE) äußerte sich im vergangenen Jahr zum Großbauprojekt und schlug in einem Brief dem Bundesverkehrsministerium eine Kompromisslösung vor - statt auf 26,50 m sollte danach die Fahrbahn auf lediglich 21 m verbreitert werden, und außerdem sollte ein Radweg entlang des Südschnellwegs gebaut werden (HAZ, 29.03.2021). Der Bund lehnte den Vorschlag ab.

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