Detlev Schulz-Hendel: Rede "Jüdisches Leben in Niedersachsen schützen - Antisemitismus konsequent vorbeugen und bekämpfen!"

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TOP 19: Jüdisches Leben in Niedersachsen schützen - Antisemitismus konsequent vorbeugen und bekämpfen! (Gemeinsamer Antrag CDU, SPD, Grüne)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

am 23. Juni 2023 haben wir im Plenum dieses Landtags mit einem gemeinsamen Antrag der demokratischen Fraktionen dem Staat Israel zu seinem 75. Geburtstag gratuliert. Die Gründung Israels wurde dabei vielfach als Symbol der Hoffnung und des Widerstandes gewürdigt.

Niemand hat damit gerechnet, dass wir keine vier Monate nach der Feierstunde zum 75. Geburtstag Israels hier im Landtag am 07. Oktober einen barbarischen Terroranschlag auf Israel und seine Zivilbevölkerung erleben mussten. Bei diesem abscheulichen und feigen Terroranschlag ermordeten die Hamas-Terroristen auf brutalste Art und Weise auch Kinder und alte Menschen. Mehr als 1400 Menschen sind bei dem Terrorangriff und an den folgenden Tagen getötet worden. Und nicht zu vergessen, dass mindestens 240 Menschen von der Hamas als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden, darunter auch deutsche Staatsbürger. Und bei allem Hauptaugenmerk auf die kriegerischen Auseinandersetzungen im Gazastreifen müssen unsere Gedanken auch bei den Geiseln und deren Familien liegen. Wir alle gemeinsam hoffen sehr auf eine Freilassung der Geiseln und deren Unversehrtheit.

Israel erlebt gerade ein unvorstellbares Trauma. Unsere Gedanken sind bei den Menschen in Israel aber auch bei den vielen unschuldigen Menschen im Gaza, die ums Leben gekommen sind oder deren Leben in Gefahr ist. Unser aufrichtiges Mitgefühl all denjenigen, die schmerzhaft Verwandte, Freunde und Bekannte verloren haben.

Wir stehen uneingeschränkt an der Seite Israels und dessen Recht auf Verteidigung gegen den Terror der Hamas.

Anrede,

seit dem Terrorangriff gibt es auch in Niedersachsen einen Anstieg antisemitischer Übergriffe. Aber bereits 2022 haben erfasste antisemitische Fälle deutlich zugenommen. Waren es 2020 noch 179 erfasste Straftaten, haben wir es 2022 bereits mit 314 Straftaten in Niedersachsen zu tun gehabt. Dieser Anstieg von Antisemitismus ist nicht hinnehmbar. Wir dürfen es nicht zulassen, dass Hass und Hetze unsere Gesellschaft vergiften. Es ist und bleibt unsere Pflicht mit aller Klarheit und Entschiedenheit gegen jegliche Formen von Antisemitismus vorzugehen, egal aus welcher Richtung er kommt.

In diesem Zusammenhang darf ich auf das beeindruckende und deutschlandweit wohl einmalige Doppelinterview von Michael Fürst, Vorsitzender des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden von Niedersachsen und Yazid Shammout, Vorsitzender der palästinensischen Gemeinde Hannover, in der HAZ verweisen. Bereits am 10.10. sendeten beide ein wichtiges Signal, respektvoll und friedlich miteinander umzugehen. Und das nur ein paar Tage nach den barbarischen Taten der Hamas. 

Anrede,

in all unserem Handeln gegen Antisemitismus wäre es fatal, wenn wir alle Muslime pauschal verdächtigen würden. Es darf diesen Generalverdacht nicht geben. Es gibt viele Stimmen in der islamischen Gemeinschaft, die sich in aller Deutlichkeit vom Hamas-Terror distanziert haben und diesen unmissverständlich verurteilen.

Wir blicken in Niedersachsen auf eine lebendige jüdische Gemeinschaft. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, alle Jüdinnen und Juden und deren Einrichtungen in Niedersachsen solidarisch und mit aller Kraft und allen Möglichkeiten, die wir haben, zu unterstützen und zu schützen.

Wir brauchen in Niedersachsen ein breites Bündnis, bestehend aus Zivilgesellschaft, Kirchen, Gewerkschaften, Unternehmen aber auch Vereinen, die jetzt mit uns gemeinsam und entschieden dem Antisemitismus entgegentreten. 

Antisemitismus ist kein Randphänomen. Was können und müssen wir in der Politik tun? Die Erfassung von antisemitischen Vorfällen müssen wir ausbauen und stärken, die Arbeit des Landesbeauftragten gegen Antisemitismus dauerhaft durch eine angemessene Ausstattung sicherzustellen, die Arbeit des Landespräventionsrates um zielgruppengerechte Präventionsmaßnahmen zu erweitern. Dabei geht es auch darum die Aufarbeitung des Nahostkonfliktes stärker in die Präventionsarbeit einfließen zu lassen. Wir brauchen auch gute Fortbildungs- und Unterstützungsangebote für Lehrkräfte und pädagogisches Personal, um für Konfliktlagen an unseren Schulen gewappnet zu sein. Das sind einige Beispiele für unseren Handlungsbedarf.

Jede Israelfeindliche und antisemitische Bekundung, auch auf Demonstrationen, braucht klare Antworten, muss unterbunden und strafrechtlich konsequent verfolgt werden. Ich sage aber auch klar: In diesem Zusammenhang Forderungen nach Verschärfungen des Aufenthaltsrechtes zu fordern sind nicht zielführend. Unser Rechtsstaat ist handlungsfähig und hat alle Instrumente, die er braucht. Insofern müssen wir auch hier vor Scheinlösungen warnen.

Anrede,

lassen Sie uns gemeinsam als demokratische Fraktionen in unserem Landtag ein weiteres Zeichen setzen.

Die Verteidigung der Integrität Israels und der Schutz jüdischen Lebens auch bei uns in Niedersachsen liegt politisch in unser aller Verantwortung und das nicht nur heute am 09. November sondern an jedem Tag im Jahr.

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