Detlev Schulz-Hendel: Rede zum Fahrradmobilitätskonzept Niedersachsen (Antrag GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

rund vier Jahre hat es gedauert und so einige Erinnerungen unsererseits waren nötig, bis unsere Forderung, ein Fahrradmobilitätskonzept für ganz Niedersachsen zu entwickeln, aufgegriffen und umgesetzt wurde.

Die Mühlen im Verkehrsministerium mahlen langsam! Minister Althusmann hat sein Haus beim Radverkehr offenbar strukturell schwach aufgestellt. Radverkehr ist nicht so das Thema von Minister Althusmann.

Zahlreiche neue Stellen wurden im Ministerium eingerichtet, nicht aber für die notwendige Mobilitätswende. Es gibt einfach zu wenig Personal, und das wenige Personal ist auf verschiedene Referate verteilt. Synergien entstehen so nicht. Moderne und kluge Radverkehrspolitik aus einem Guss kann es so nicht geben.

Die strukturellen Defizite führen im Zweifel dazu, dass Niedersachsen sogar Bundesmittel fast hätte verfallen lassen müssen – so wie das beim Sonderprogramm „Stadt und Land“ der Fall war, ein Programm das 2023 endet und für dessen Förderung die Richtlinie erst im Sommer 2021 vorlag, viel später als in anderen Bundesländern.

Sie, Herr Minister Althusmann, diskutieren lieber über die Amtsdauer von Ministerpräsidenten, über Pendlerpauschalen und über Tempo beim Straßenbau. In der Radpolitik kommen Sie aber kaum über Ankündigungen hinaus, so sind z.B. von den 78 kommunalen Projekten, die das Land mit den Gemeindeverkehrsfinanzierungsmitteln in den nächsten fünf Jahren fördern will, nur 18 reine Radverkehrsprojekte. Damit gibt Minister Althusmann von den 110 Millionen Euro NGVFG-Mitteln gerade einmal 7,4 Mio. Euro für die Förderung von Radwegen aus. Das sind noch nicht einmal 7 Prozent!

Anrede,

eine Umkehr zum Besseren in der Radpolitik hätten wir schon erreichen können, wenn Sie die Mittel für die Radwegeinfrastruktur verbindlich als zweckgebunden im Haushalt festgeschrieben hätten.

Mit unserem Änderungsantrag machen wir Vorschläge, wie wir etwas Nachhaltiges für den Radverkehr in Niedersachsen bewegen wollen.

Natürlich begrüßen wir, dass für das Fahrradmobilitätskonzept mit verschiedenen Akteuren in einem Prozess eine Inventur in Niedersachsen aus der Perspektive des Radverkehrs gemacht wurde.

Gleichwohl macht eine Hochglanzbroschüre allein noch keine innovative Radverkehrspolitik aus. Wir müssen jetzt praktisch umsetzen, was im Moment nur geduldig auf Papier steht. Und da habe ich meine Zweifel, dass diese Landesregierung das nötige Engagement aufbringt und das auch tatsächlich macht!

Wir brauchen jetzt, wie in anderen Bundesländern - wie zum Beispiel NRW, Hessen, Baden-Württemberg - ein eigenständiges Referat für den Rad- und Fußverkehr und mehr Personal. Genau das fordern wir mit unserem Änderungsantrag. Außerdem wollen wir, dass die Förderkriterien im Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (NGVFG) angepasst werden.

Aus unserer Sicht sollte kommunaler Straßenbau nur noch dann gefördert werden, wenn ausgeschlossen ist, dass Straßenbauprojekte für Radfahrer*innen und Fußgänger*innen Verschlimmbesserungen zur Folge haben.

Herr Minister Althusmann, ich lade Sie herzlich ein, mit mir auf dem neu sanierten Gemeindeverbindungsweg von Garstedt nach Vierhöfen Fahrrad zu fahren.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch Ihnen angst und bange wird. Und diesen Weg nutzen viele Schülerinnen und Schüler. Die Umgestaltung wurde aus Mitteln der Gemeindesverkehrsfinanzierung gefördert. Mehr Raum für Radfahrende oder zu Fußgehende völlige Fehlanzeige.

Anrede,

Radpolitik in Niedersachsen darf nicht länger ein Flick- und Stückwerk bleiben. Und dafür braucht es mehr als Hochglanzbroschüren und Ankündigungen.

Vielen Dank.

Zurück zum Pressearchiv