Detlev Schulz-Hendel: Rede zur zukunftsorientierten Aufstellung des Norddeutschen Rundfunks

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Rede TOP 13: Den Norddeutschen Rundfunk zukunftsorientiert aufstellen (Antrag SPD/Grüne)

-  Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

zu Beginn möchte ich betonen, wie wichtig die Arbeit des Norddeutschen Rundfunks ist: Sie ist ein wichtiger Garant für unsere Demokratie und Freiheit und wir können uns glücklich schätzen, dass wir den NDR haben! in Zeiten von Desinformation und dem Erstarken anti-demokratischer Kräfte ist ein starker öffentlicher Rundfunk umso wichtiger. Gründliche Recherche ist unerlässlich für das Aufdecken von Fake News. Rundfunkräte sind heute aus dem System des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks nicht mehr wegzudenken, stehen aber gleichzeitig oft in der Kritik. Da ist oft die Rede von Hinterzimmerpolitik, die nur dazu diene, Senderpolitik freundlich abzunicken. Um es klar zu sagen: Ich teile nicht jede Kritik und schon gar nicht in dieser Härte an den Rundfunkräten. Aber: Wenn Rundfunkräte ihrem Auftrag gerecht werden sollen, ist es unerlässlich, dass sich in den Rundfunkräten die Vielfalt unserer Gesellschaft abbildet und die Kontrollgremien effektiv aufgestellt sind.

Beim zweiten Punkt haben die Bundesländer mit dem 4. Medienstaatsvertrag bereits reagiert, der insbesondere Fragen der Transparenz, Compliance, Gremienaufsicht sowie mögliche Interessenskollision regelt.

Wie wichtig unser Rot-Grüner Antrag bei dem Thema einer diverseren Abbildung der Gesellschaft im Rundfunkrat ist, lässt sich anhand der Fakten gut darstellen. Positiv ist es, dass der Rundfunkrat beim Norddeutschen Rundfunk mit rund 20 Prozent den niedrigsten Anteil staatsnaher Vertreter*innen aller Rundfunkräte hat. Und auch mit einem Frauenanteil von knapp unter 50 Prozent ist der Rundfunkrat des NDR auf einem guten Weg. Zur Einordnung des Handlungsbedarfes ist es aber wichtig, die derzeitige Besetzung näher zu betrachten: Gewerkschaften und Berufsverbände sind mit insgesamt sieben, Wirtschaftsverbände mit sechs Personen, die evangelische Kirche und die katholische Kirche mit jeweils zwei Personen und die jüdischen Gemeinden mit einer Person im Rundfunkrat vertreten. Die Sozialverbände und Umweltschutzorganisationen entsenden jeweils fünf und für Vereine sowie Verbände, die sich für Kinder-Jugend, Frauen oder Seniorinnen engagieren, sitzen sechs Personen im Rundfunkrat.

Es sind also Gruppen mehrfach vertreten, während insbesondere gesellschaftlich benachteiligte Gruppen in vielen Fällen nicht einmal mit einem Sitz vertreten sind. Weder queere Menschen, noch Menschen mit Behinderungen, Rom*nja sowie Sinti*zze haben einen eigenen Sitz. Aber auch Muslim*innen, schwarze Menschen oder Geflüchtete sind nicht im NDR Rundfunkrat vertreten. Und man muss sich das einmal vergegenwärtigen: Die gesamte Norddeutsche Bevölkerung mit Migrationshintergrund wird nur durch einen einzigen Vertreter des Niedersächsischen Integrationsrates repräsentiert.

Es gibt keinen sachlichen Grund gegen mehr Vielfalt im Rundfunkrat des Norddeutschen Rundfunks, ganz im Gegenteil. Es braucht deutlich mehr Differenzierung. Warum also nicht auch Plätze im Rundfunkrat für Transmenschen, Kurd*innen oder auch für Fridays for Future? Übrigens ist das nicht einfach die Meinung der Rot-Grünen Koalition. Vielmehr hat auch das Bundesverfassungsgericht die Politik unmissverständlich aufgefordert, in den Rundfunkräten auch kleinen gesellschaftlichen Gruppen eine Stimme zu geben. Darauf wurde auch in den Stellungnahmen im Ausschuss hingewiesen. Wir sind gefordert, Vielfalt in den Rundfunkräten voranzutreiben. Und das geht im Übrigen auch mit flexiblen Modellen, ohne die Größe der Rundfunkräte über Gebühr wachsen zu lassen. Rotierende Sitze, Losverfahren sind nur zwei Beispiele.

Natürlich können wir nur etwas verändern, wenn auch die Bundesländer Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern bereit sind, unseren Weg für mehr Vielfalt im Rundfunkrat des NDR mitzugehen. Und auch wenn das heute nicht klar zu sein scheint, ist es umso wichtiger, dass wir mit unserem Antrag aus Niedersachsen als starkes Signal in den Dialog mit den genannten Nachbarbundesländern gehen. Wir definieren Grundsätze, auf deren Basis wir den Dialog auf Augenhöhe und ergebnisoffen führen wollen.

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