Statement:Grüne: ÖPNV-Jahresförderprogramm blendet Mobilitätsbedürfnisse des ländlichen Raumes völlig aus
Das von Verkehrsminister Althusmann vorgestellte Förderprogramm für den ÖPNV ist zu kurz gesprungen: Der Minister stellt Einzelmaßnahmen vor, die jede für sich betrachtet gut sind, aber ein notwendiges Gesamtkonzept für den ÖPNV in Niedersachsen blendet er aus.
Verkehrsminister Althusmann hat heute (Mittwoch) der Presse das ÖPNV-Jahresförderprogramm für Niedersachsen vorgestellt. Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Landtag Detlev Schulz-Hendel sagt dazu:
„Das von Verkehrsminister Althusmann vorgestellte Förderprogramm für den ÖPNV ist zu kurz gesprungen: Der Minister stellt Einzelmaßnahmen vor, die jede für sich betrachtet gut sind, aber ein notwendiges Gesamtkonzept für den ÖPNV in Niedersachsen blendet er aus. Ein durchdachtes Konzept ist aber notwendig. Denn angesichts massiver Einnahmeausfälle infolge von Corona und steigender Betriebskosten muss sichergestellt werden, dass die Aufgabenträger auch morgen und für die Zeit nach der Corona-Krise in der Lage sind, Busse und Bahnen wie bisher fahren zu lassen. Das vorgelegte Programm ist kurzsichtig, weil es keine Perspektiven aufzeigt, die den Mobilitätsbedürfnissen aller Menschen in Niedersachsen gerecht werden. Das ist aber dringend notwendig, um den ÖPNV attraktiver machen zu können und um so die Klimaschutzziele des Bundes zu erreichen, nämlich bis 2030 die Fahrgastzahlen zu verdoppeln. Es besteht besonderer Nachholbedarf, denn seit Jahren bildet Niedersachsen das Schlusslicht, was die Nutzung von Bussen und Bahnen im Nahverkehr angeht – mit einem Anteil von gerade einmal 7 Prozent am gesamten Verkehrsaufkommen nutzt nur jede*r 14. Bürger*in in Niedersachsen den ÖPNV.
Die Landesregierung ist gefordert, in Modellprojekte für den ländlichen Raum einzusteigen, die innovative Wege aufzeigen können.
Perspektivisch wollen wir Grünen, dass alle Orte in Niedersachsen von 5 Uhr früh bis Mitternacht mindestens im Stundentakt und an den Wochenenden mindestens im 2-Stunden-Takt erreichbar sind. Grundvoraussetzung ist zum einen ein qualitativ guter und verlässlicher ÖPNV. Elementare Grundlage für die Mobilität der Zukunft ist das Zusammenspiel von ÖPNV und anderen Verkehrsmitteln, wie z.B. Fahrrad, Bus und Rufbus, ebenso wie Car-Sharing und Ride-Sharing-Modelle auch im ländlichen Raum. Die Weiterentwicklung von Mobilitätsstationen zur Bündelung verschiedener Mobilitätsformen ist zwingend erforderlich. Das ist insgesamt ein längerer Prozess, der aber jetzt endlich auf den Weg gebracht werden muss.“
Hintergrund
Infolge der Bahnreform verteilt der Bund jährlich die sogenannten Regionalisierungsmittel, mit denen die Bundeländer ausreichende Verkehrsleistungen im Öffentlichen Personennahverkehr sicherstellen sollen. Im Jahr 2022 erhält Niedersachsen einen Anteil in Höhe von rund 805 Millionen Euro. Davon sollen rund 52 Millionen Euro in Baumaßnahmen investiert werden und weitere 60,6 Millionen Euro sind im Landehaushalt angesetzt für die Förderung von Fahrzeugen. Über das Niedersächsische Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (NGVFG) stellt das Land für den ÖPNV jährlich 75 Millionen Euro Investitionsmittel zur Verfügung. Niedersachsen trägt mit einem Modal Split bei der Nutzung des ÖPNV von 7 Prozent im Bundesländervergleich die rote Laterne, wie aus dem Bericht „Mobilität in Deutschland“ hervorgeht. Die Klimaschutzziele des Bundes geben das Ziel vor, die Fahrgastzahlen im ÖPNV bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln.